Donnerstag, 22. November 2012

Remote Control Systems: RCS Granit/Granit S

RCS Granit S ©Steve Blincoe
Die Geschichte der Firma RCS (Remote Control Systems) ist untrennbar verbunden mit dem Namen Peter Reckwitz. Bis Mitte der 80er als Geschäftsführer von Fidelity Deutschland tätig - siehe auch der Artikel zum Playmatic - spezialisierte er sich mit RCS auf ein Tuning von Schachcomputern. Meist handelte es sich dabei um den Fidelity Elite oder Prestige, doch ab Anfang 1986 gab es den ersten in Eigenregie vermarkteten Schachcomputer: Den RCS Granit für 749 DM.


Granit-Prototyp aus
Schachcomputer Edition 21

Als Gehäuse wurden Restexemplare des Playmatic S verwendet und mit einem 6,5 MHz Excellence-Programm bestückt. Erste Prototypen liefen mit 5,5 Mhz in einem ultraflachen Kunststoffbrett, ähnlich dem Elite Privat. Der holländische Supertester Jan Louwman prüfte den Granit auch direkt auf Herz und Nieren - siehe Tabelle 1 unten.

Die einzige komplette Partie, die mir vom Granit vorliegt, stammt aus dem 1. AEGON-Turnier 1986, 3. Runde gegen einen ELO 2000-Spieler.

Stellung vor 19.Lxh7+
A. Münninghoff - RCS Granit
1.c4 Sf6 2.Sc3 e6 3.e4 d5 4.e5 d4 5.exf6 dxc3 6.bxc3 Dxf6 7.d4 c5 8.Sf3 cxd4 9.Lg5 Df5 10.Ld3 Da5 11.0–0 Sc6 12.cxd4 Sxd4 13.Lf4 Lc5 14.Le5 Sxf3+ 15.Dxf3 0–0 16.Tab1? Lxf2+ 17.Txf2 Dxe5 18.Tb5 Dc7 19.Lxh7+! Kxh7 20.Th5+ Kg8 21.Dh3 f5 22.Th8+? [22.Th7 Kf7 23.Dh5+ Kf6 24.Dh4+ Dauerschach] 22...Kf7 23.Dh5+ Ke7 24.Dg5+ Ke8 25.Th7 Tg8 26.Td2 Db6+? 27.Kf1 Kf7 28.Dh5+ Kf6 29.Dh4+ g5 30.Th6+ Tg6 31.Dh5 Db1+ 32.Kf2 f4 33.Th8 Db6+ 34.Kf1 Dc5 35.Thd8 Dxc4+ 36.Kf2 Dc5+ 37.Kf1 Db5+ 38.Kf2 Db6+ 39.Kf1 Dc5 40.Dh8+ Kf5? [40...Tg7 41.Tg8 Dc4+ mit Dauerschach] 41.Dh3+? [41.Tf8+ Dxf8 42.Dxf8+ Tf6 43.Dc5++-] 41...g4? RCS Granit will kein Remis 42.Dh5+ Tg5 43.Df7+ Ke4 44.Te2+ De3 45.Txe3+ 1:0


56...Kg6? verliert
Bereits im Sommer 86 kam der Nachfolger - kurz RCS Granit S benannt, versehen mit dem stärkeren Par Excellence-Programm und in ein Sensory 12 B Gehäuse verpackt; wiederum mit 8 MHz. Auch hier lieferte Jan Louwman schnell Ergebnisse - siehe Tabelle 2 unten. Das Turnierdebüt im Porz Open 1986 war denkbar schlecht für den RCS Granit S; nur 2,5 Punkte aus 7 Spielen. In der Partie gegen Reuter wirft der RCS Granit S ein Remis im Endspiel weg. Statt 56...Kf6 oder Kh6 spielt er Kg6?, damit ist die Opposition dahin.

Dies offenbarte auch gleich das Dilemma: Die getunte Kiste konnte zwar gegen die stärksten Schachcomputer mithalten, mehr aber auch nicht. Zudem bot die Konkurrenz in punkto Ausstattung wesentlich mehr Komfort und vor allem ein Display. So verschwand der Granit (S) schnell in der Versenkung und es dürften nur sehr wenige Geräte im Umlauf sein.


aus CSS 5/1986
Ende 1986 unternahm Reckwitz nochmals einen Versuch seine Fa. RCS als "Tuning-Spezialist" zu positionieren, in Zusammenarbeit mit der Fa. HCC. Dies zur Verwunderung vieler aus der Szene, da seit dem Disput während der WMCCC 1983 Budapest das gespannte Verhältnis zwischen P. Reckwitz und O. Weiner bekannt war. Ein detaillierter Artikel hierzu findet sich in der CSS 1/1984.

Neben Tunings für Fidelity Schachcomputer, findet man in der nebenstehenden Anzeige aus CSS 5/1986 auch Angebote für schnellere Mephistos.

Danach wurde es ruhig um die Mülheimer Hardware-Schmiede. Mit einer traurigen Meldung in CSS 4/1989 endete das Kapitel: Peter Reckwitz ist am 15. Juni 1989 bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt.



Tabelle 1: RCS Granit




 






Donnerstag, 8. November 2012

Der futuristische Mark V

"Einer wie keiner", das fällt mir spontan zum SciSys Mark V ein. Erschienen 1981 war bereits sein äußeres Erscheinungsbild aus dem Rahmen fallend. Mit seinen klaren, strengen Formen wirkte er ganz reduziert und minimalistisch, im Gegensatz zu vielen anderen Schachcomputern, die eher mit Opulenz und Größe punkten wollten. Das eingebaute, hintergrundbeleuchtete LCD-Schachbrett des Mark V war zu dem Zeitpunkt einmalig. Alle Züge werden auf diesem per Cursor oder über Koordinaten eingegeben und zusätzlich auf einer Kommentarzeile unterhalb angezeigt.

Doch nicht nur das, der Mark V bietet eine Vielzahl von Informationen und Features.
  • Stellungsbewertung mit Hauptvariante (2 Züge)
  • Anzeige von Matt in ...
  • Remis in allen Varianten (Stellungswiederholung, 50 Züge-Regel, Patt)
  • Selbstständiges Remisangebot und Partieaufgabe
  • Partiewiederholung
  • Schachuhr
  • Kommentare wie "einziger Zug" oder "erzwungen"
  • Simultanspiel bis zu 12 Partien
  • Problemstufe mit Überprüfung von Nebenlösungen
Gerade die Möglichkeit Schachprobleme nach Nebenlösungen zu überprüfen, machte den Mark V bei Problemkomponisten sehr populär - über Jahre hinweg. Das Simultanspiel hingegen krankt daran, dass nicht alle Partien gleichzeitig vom Computer berechnet werden, sondern immer nur die im Display aufgerufene Stellung. Später wurde diese Funktion auch im Saitek Simultano implementiert.

Richtig bekannt geworden ist der Mark V natürlich durch seinen Sieg in der kommerziellen Gruppe der WMCCC 1981 in Travemünde. Einen sehr schönen Bericht zu den Hintergründen dieser WM gibt es bei Hein Veldhuis in der Rubrik History/Geschichte.

Zum Spielstil: Bedingt durch eine sehr selektive Suche, ist der Mark V taktisch sehr anfällig. Das macht sich besonders bei kurzen Bedenkzeiten bemerkbar. Während viele andere selektive Schachprogramme einen eher ruhigen, positionellen Spielstil pflegen, habe ich mit dem Mark V gegenteilige Erfahrungen gemacht. Er liebt geradezu Verwicklungen und komplizierte Stellungen - die er leider häufig in den Sand setzt. Auch die Eröffnungsbibliothek ist sehr ungewöhnlich. So spielt er gegen Sizilianisch auschließlich Nebenvarianten wie 2. b3 oder Sc3. Mitunter wird auch mal ein Budapester Gambit eingestreut, während er eine bekannte Eröffnung wie Italienisch gar nicht kennt.

Hier sind Partien aus dem U1600-Turnier auf schachcomputer.info:

Partie 1: SciSys Superstar 28K-SciSys Mark V 0:1 Eine echte Überraschung!
Partie 2: SciSys Mark V-Novag Mentor 0:1
Partie 3: Mephisto MM I-SciSys Mark V 1:0
Partie 4: SciSys Mark V-Fidelity Elite Travemünde 0:1
Partie 5: Saitek Team Mate-SciSys Mark V 1:0
Partie 6: SciSys Mark V-Fidelity Sensory 9 0:1
Partie 7: Morphy Master Chess 4MHz-SciSys Mark V 1:0
Partie 8: SciSys Mark V-Sargon ARB 3.0 0:1
Partie 9: Mephisto Mirage-SciSys Mark V 1/2
Partie 10: Scisys Mark V-Mephisto III 0:1

Damit am Ende der erwartete letzte Platz. In vielen Partien war es lange Zeit spannend (z.B. gegen den Elite Travemünde), doch grobe Schnitzer verhinderten eine bessere Punktausbeute. Das Nachfolgemodul Mark VI/Philidor, auf das man geschlagene zwei Jahre warten musste, war nur unwesentlich verbessert worden und lief auf der gleichen - damals schon betagten - Hardware. Das Bedienkonzept wurde von SciSys zugunsten von Schachcomputern mit Sensorbrett verworfen.

Freitag, 2. November 2012

Vom Mephisto Roma zum Glasgow

"Wieviel Eproms hätten's denn gern?", wäre wohl die Einstiegsfrage, wenn man sich auf den Weg vom Roma zum Glasgow machen möchte. Die Antwort kann nur lauten: VIER!

Der Hintergrund ist einfach: Beim Erscheinen des ersten 16-Bit-Moduls von Mephisto, dem Mephisto III-S Glasgow, wurde die Platinenarchitektur noch mit 4 Eproms versehen. Erst ab dem Mephisto Amsterdam hat H&G umgestellt auf eine neue Platine mit lediglich 2 Eproms. Äußerlich sind diese Versionen ebenfalls gut zu unterscheiden.


4-Eprom Roma/Glasgow
a) Das Tastaturmodul - Bei der älteren 4-Eprom Version sind zwei Tasten unbelegt und eingeschwärzt. Die 2-Eprom-Version hat das später typische Design mit den beiden RES-Tasten.

2-Eprom Amsterdam
b) Das Programmmodul - Auf der 2-Eprom Version befindet sich noch eine weitere Netzbuchse. Da Mephisto den Amsterdam (wie alle späteren Module) auch ohne Spielbrett angeboten hatte, wollte man so mögliche Spannungsprobleme in den verschiedenen Brettern umgehen.

Ansonsten ist die Hardware identisch. Man konnte damals - anno 1985/86 - seinen Glasgow einsenden und diesen auf das stärkere WM Programm Amsterdam "upgraden", was auch viele Kunden umgesetzt haben. Dadurch ist das Original Glasgow-Modul heute zu einem seltenen Sammlerstück geworden.

Seit einiger Zeit habe ich einen Mephisto Roma 16-Bit in meiner Sammlung. Eigentlich nichts besonderes, denn den Roma 68000 gibt es immer noch zuhauf. Doch wenn man sich das Foto betrachtet fällt sofort auf: Es handelt sich um eine 4-Eprom-Version. In dieser Form sicher selten. Was lag näher, als dieses Stück wieder mit seinem Urspungsprogramm zu bestücken. Back to the roots! Dank der Hilfe eines Freundes hat alles vorzüglich geklappt. Der Roma erkennt den "falschen" Glasgow. Lediglich für die WM-Plakette muss ich mir noch etwas überlegen.

Und erste Erfolge zeigen sich bereits. Hier ein Duell der Großkopferten von 1984:

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Der "helle" Playmatic S


"Made in Germany" steht auf dem Aufkleber, der sich auf der Rückseite des Fidelity Playmatic befindet. Wieso das? Die Firma Fidelity Electronics hat doch bekanntermaßen in den USA produziert.

Ja natürlich, aber zwischen 1983-1985 wurden ein paar feine Schachcomputer in geringen Stückzahlen von der Fidelity Deutschlandvertretung hergestellt. Hintergrund war der in dieser Zeit sehr hohe Dollarkurs, der die Preise der Fidelity-Geräte in Deutschland in die Höhe schnellen ließ und die Verkaufszahlen nach unten drückte. So kam man auf die findige Idee eine eigene Produktlinie für Europa auf den Markt zu bringen, wobei die Software weiterhin von den Spracklens gestellt wurde.


Das erste Modell "Made in Germany" war der Playmatic S. Im Grunde ein "gepimpter" Sensory 9 mit doppelter Geschwindigkeit und dem Komfort eines fast turniergroßen Holzbretts mit Magnetsensoren - alles zu einem Kampfpreis von 900 DM. Gespart wurde dafür bei der Verarbeitung. Die Beschriftung der Felder und Bedientasten sind nur aufgeklebt und auch beim Holz hat man wohl alles genommen, was einem gerade in die Finger kam. Während die meisten Playmatic dunkel lackiert sind, handelt es sich bei diesem Stück um ein auffallend helles Holz. Fast gänzlich unbehandelt kommt es daher; roh und naturbelassen. Auch die LEDs sind eher klein und dezent gehalten (im Gegensatz zu Elite und Prestige), das Brettdesign sehr flach. Mir gefällts! Einen schönen Artikel zum Playmatic findet man in der Datenbank von Hein Veldhuis. Hier sieht man auch die Entwicklung des Designs anhand der Werbeprospekte.

Leider hat Fidelity Deutschland nur noch einen zweiten Schachcomputer zur Serienreife gebracht - den Elite Privat. Auch hier wurde das Prinzip der ständigen Veränderung beibehalten. Anfangs noch in Lederausführung (Prototyp) geplant, später aber in Holz realisiert. Brett und Unit getrennt und mit einem Flachbandkabel verbunden - viele Jahre später wurde diese Idee beim Tasc R30 wieder aufgegriffen. Mal mit Holzdekor beklebt, mal schwarzes oder rotes Gehäuse, mit einfachem oder doppelten Display versehen. So ist heute fast jedes der seltenen Stücke ein Unikat.

Donnerstag, 13. September 2012

Conchess T8 - der mächtige Monarch!

Lange schlummerten die Conchess Modelle Escorter - Ambassador - Monarch im Dornröschenschlaf, denn die allermeisten sind mit dem 2Mhz-Modul aus 1982 bestückt, welches doch etwas schwach auf der Brust ist. Aus diesem Grund waren die Conchess Geräte nicht sonderlich begehrt. Es wurden zwar stärkere Module in der kurzen Schaffensphase dieser Firma verkauft, allerdings in solch geringen Stückzahlen, dass man diese heute mit der Lupe suchen muss.


Der Weckruf kam aus England! Der bekannte Hardwaretechniker Steve B. hatte es geschafft neue Platinen mit der Originalsoftware von Ulf Rathsman nachzubauen.
  •  Modul S5 = Speed mit 5 MHz. Das Glasgow-Programm von 1984.
  •  Modul T8 = Topspeed mit 8MHz. Die Krönung der Conchess-Familie von der WM 1985 in Amsterdam.
Also schnell eine alte Kassette mit einer neuen Platine bestücken, schon darf der mächtige Monarch sein Können zeigen. Hier eine Partie, in der der T8 seine taktische Stärke ausspielen kann:

-- partie folgt --

Einen Härtetest erfahren diese Module zurzeit im Online-Oldie-Turnier 2012 bei der Community von schachcomputer.info.

Optisch macht der Monarch natürlich am meisten her. Mit seiner flachen Bauweise und Turnierbrettgröße wirkt er annähernd wie ein normales Schachbrett. Ich habe mich schon häufiger dabei erwischt es für eigene Spiele und Analysen "missbraucht" zu haben. Die Bedienung aller Conchess ist gewöhnungsbedürftig und anfangs wird die Anleitung desöfteren konsultiert. Nach Anwahl der Taste "?" werden die beiden ersten Züge der berechneten Hauptvariante auf dem Feld angezeigt, jedoch nicht gemütlich blinkend - wie ich es von anderen Herstellern kenne - sondern mit hektisch flackernden LEDs. Topspeed eben! Ganz nebenbei gibt der Monarch seitlich auch die aktuelle Rechentiefe an. Ein weiteres Gimmick zeigt sich über die Taste "§", wonach alle Zugmöglichkeiten einer ausgewählten Figur auf dem Brett aufleuchten.

Wer Gefallen an den Programmen von Ulf Rathsman gefunden hat, kann auch bei Mephisto zuschlagen. Die Module Blitz & Problem und MM II sind weitestgehend identisch mit den oben angeführten Conchess Modulen, nur die Geschwindigkeit fehlt. Die Mephistos sind lediglich mit 3,7MHz getaktet.

Montag, 27. August 2012

Die Zwillinge - The Twins

Während die Hersteller in der "Endzeit" der Schachcomputer - gemeint sind die Jahre ab 1995 - immer mehr dazu übergegangen sind gleiche Programme in möglichst stark verändertem Gehäuse herauszubringen, war es in der Blütezeit der Schachcomputer genau umgekehrt:  

Gleiches Gehäuse - neues Programm!

So lautete die Devise, denn die Gehäuse wurden oft in großen Mengen produziert und die Schachcomputer machten jährlich Fortschritte in Soft- und Hardware. Auf diese Weise konnte man Kosten sparen und mit wenigen Veränderungen am Innenleben der Schachcomputer neue Produkte auf den Markt bringen. Dies wurde letztendlich von allen großen Firmen praktiziert, wobei die Modelle meistens durch unterschiedliche Farbgebung und Beschriftung gekennzeichnet waren. Aber nicht immer! So sind heute einige Modelle im Umlauf, die auf den ersten Blick nicht oder nur schwer voneinander zu unterscheiden sind.

Beispiele gefällig?

Super Forte: Version A
Novag Constellation Forte A - Novag Constellation Forte B: Durch reinen Eprom-Tausch konnte man anno 1987 auf die "B-Version" wechseln. Äußerlich nicht zu unterscheiden, lediglich Stellungstests helfen hier. Später hat Novag die Versionen der Super Forte/Super Expert-Serie immerhin durch kleine Aufkleber am Display markiert. Allerdings fehlen diese heute oft an den Geräten. So muss man die Version über die Tastenkombination "Set Level + H8" und die Selektivstufen prüfen.


Turbo King I oder II?
Saitek Turbo King - Saitek Turbo King II: Gleicher Fall wie beim Forte. Reiner Eprom-Wechsel auf die neue Programmversion. Meines Wissen blieb selbst die Verpackung unverändert. Am einfachsten lassen sich die Versionen durch das Eröffnungsbuch differenzieren. Der TKII spielt auf 1.e4 nur c6 und c5, der TKI spielt neben c5 auch e5 aus.

Mephisto Monte Carlo - Mephisto Monte Carlo IV: Äußerlich identisch, doch die Spielstile trennen Welten. Zum einen das taktisch orientierte Morsch-Prog., zum anderen das eher ruhig spielende Schröder-Prog. Nur die Begrüßungsanzeige im Display "verrät" den MCIV. Für Mephisto ist dieses Beispiel eher untypisch, da die Firma sehr korrekt in der Beschriftung seiner Modelle war, um Verwechselungen zu vermeiden.


Doch meine Lieblingsfirma in punkto "Zwillinge" ist Fidelity.

CC Voice + Advanced Voice
Hier findet man reichlich Geräte, die sich gleichen wie ein Ei dem anderen. Ein Klassiker ist dabei die Chess Challenger Serie aus den 70er/80er Jahren. Beginnend mit CC1 und CC3, die nur anhand der geänderten Folienbeschriftung zu erkennen sind, über die diversen, äußerlich identischen Varianten des CC10, zum CC Voice und seinem Nachfolger CC Voice Advanced - hervorgehoben mittels eines kleinen Aufklebers.

Man muss also genau hinschauen!

Auf die Spitze getrieben wurde das Prinzip mit der - von mir heiß geliebten - Chess Challenger Sensory Serie. Ein Drucksensorbrett mit Holzfiguren und komfortablen 64 Feld LEDs, eingefasst in einen schönen Walnussholzrahmen. Die weitere Ausstattung mit gut lesbarem Display, einer Druckerschnittstelle und natürlich "The Voice", gehörte ebenfalls zur gehobenen Kategorie. Im Zeitraum von 1980-1984 sind nicht weniger als sieben Schachcomputer mit diesem Gehäuse von Fidelity erschienen, oftmals nur in Nuancen voneinander zu unterscheiden.

Dies trifft im Besonderen auf diesen Zwilling oder besser Drilling zu:

CC Sensory Champion - Modellbezeichnung "CSC"
CC Sensory Champion Super 9 Upgrade - Modellbezeichnung "CSC"
CC Sensory Champion Septennial  - Modellbezeichnung "CSC"

Zu unterscheiden sind diese nur an der aufgeklebten Tastaturfolie am Brettrand. Beim Septennial kommt noch ein kleiner Aufkleber auf dem Holzrahmen hinzu.

CSC
 
VSC
CSC (Super 9)

Die weiteren Schachcomputer aus dieser Serie sind:

CC Sensory Voice - Modellbezeichnung "VSC"
CC Elite Champion - Das Weltmeisterprogramm mit der Goldplakette
Super 9 Deluxe - Ein Super 9 mit zusätzlicher Holzumrandung
USCF Special Edition - Erneut das Super 9 Programm; diesmal im Paket mit dem Impact Printer und einem grün-beige gehaltenen Schachbrett

Ein sehr interessanter Test dazu befindet sich auf elpeon.com. Anhand einiger Teststellungen werden die Programmunterschiede bzw. -ähnlichkeiten aufgeschlüsselt.

Hier der Link: Chess Challenger-Test

Montag, 21. Mai 2012

Chessmachine als Schachstation

Anno 1991: Bei der 11. Mikrocomputer-Weltmeisterschaft in Vancouver gewinnt Ed Schröder mit seinem Programm Gideon zum ersten Mal den Titel. Die lange Regentschaft von Mephisto mit Richard Lang findet hier ein Ende, auch wenn man in der Herstellergruppe den Titel kampflos zugesprochen bekommt. Überraschend ist vor allem die Hardware die Ed Schröder einsetzt - eine Steckkarte für PCs, die mit eigenem ARM2-RISC-Prozessor ausgestattet ist und somit unabhängig von der eingesetzen Peripherie. Die einzige Voraussetzung: ein freier ISA-Slot im PC.

Kurz nach der WM bringt die Fa. TASC dann die Steckkarte unter der Bezeichnung ChessMachine auf den Markt; mit großem Erfolg. Zuerst als kleine Version mit 16MHz, später auch mit doppelter Geschwindigkeit. Gerade die "schnelle" Chessmachine ist heute sehr gesucht.

Doch wo will man so ein Ding heutzutage einsetzen? Aktuelle PCs haben keinen ISA-Slot und eine alte Kiste mit Röhrenmonitor möchte man auch nicht extra in der Wohnung aufbauen.

Durch Zufall habe ich eines Tages einen historischen Laptop von 1989 entdeckt - einen T3200SX. Ein sogenannter "Schlepptop" mit rund 8kg Gewicht und 386/16MHz Prozessor. Damals das Nonplusultra! Wichtigster Punkt für mich war natürlich der Einbau meiner Chessmachine im rückseitigen Steckplatz. Beim Einschalten des bernsteinfarbenen, monochromen Plasma-Bildschirms überkommt einen sofort das Gefühl vergangener Zeiten. Über 20 Jahre hat dieses Ding nun auf dem Buckel, aber es funktioniert noch einwandfrei. Der Kontrast lässt sich über einen Regler an der Seite des Monitors einstellen. Kurz den Norton Commander per Diskette aufgespielt, ein paar Batch-Befehle eingegeben und los gehts......die Chessmachine startet.

Die aufgeräumte Oberfläche der Chessmachine hat mich damals schon fasziniert. Sehr sinnvoll gestaltete Menüführung, kein überflüssiger Schnick-Schnack. Nicht ohne Grund hat Ed Schröder diese dann später auch in seiner Rebel-Software weiterverwendet. Und das Beste: Das bis dahin recht unbekannte Programm The King von Johan de Koning gab es anfangs als kostenlose Dreingabe (Version 0.5). Recht schnell wurde von TASC aber das Potential von The King erkannt und eigenständig vermarktet. In der Version 2.0 konnte de Koning dann Platz 1 der wichtigen SSDF ELO-Liste übernehmen.

So bietet die Chessmachine mit Gideon und The King zwei sehr unterschiedliche Schachprogramme in einer Vielzahl von Versionen. Die Stärksten dürften dabei Gideon 3.1 - Weltmeister von Madrid 1992 - und The King 2.2 - identisch mit dem R30 2.2 - sein.
Ein kleiner Tipp: In Verbindung mit der Software TASCBASE, kann auch das SmartBoard und das neuere Programm The King 2.54 eingesetzt werden.

Der Erfolg der Chessmachine sollte sich dann auch in den Schachcomputern fortsetzen. Mephisto Risc 1MBSaitek RISC 2500 und TASC R30 sind letztendlich reine Umsetzungen.



Montag, 7. Mai 2012

Online Oldie Turnier 2012

Endlich! Es geht wieder los! Die Schachcomputer-Oldies dürfen wieder aus der Grabbelkiste geholt werden, denn wie bereits in den letzten Jahren findet ein Online Oldie Turnier statt auf Schachcomputer.info.

Bewährt hat sich für diese Austragung eine Abgrenzung nach ELO Einstufung, damit die Unterschiede in der Spielstärke nicht zu gravierend sind. Dies führte bislang immer zu einem spannenden Turnierverlauf. Für das Online Oldie Turnier 2012 sind folgende Gruppen gebildet:

U1950 - 15 Teilnehmer - bis 1950 ELO
U1600 - 11 Teilnehmer - bis 1600 ELO

Fidelity Elite A/S Glasgow 8MHz + GM Module
Was dieses Jahr besonders auffällt: Viele getunte Schachcomputer am Start aus der Schmiede von Steve Braid, wie der Sargon ARB 4.0 mit 16MHz laufend. Nach dem Turnier sollte hier eine erste ELO-Einschätzung vorliegen.

Selber bin ich mit einem Spezialumbau der Fa. RCS (ehemals Fidelity Deutschland) am Start - einem Elite Glasgow mit 8MHz getaktet. Doch nicht nur das, zusätzlich sind sämtliche Eröffnungsmodule aus der Enzyklopädie der Schacheröffnungen in dem Gerät verbaut worden. Mit rund 73.000 Halbzügen, war dies Mitte der 80er die mit Abstand größte Eröffnungsbibliothek für einen Schachcomputer.

Die 5 Eröffnungsmodule der Enzyklopädie sind analog zum Schachinformator aufgebaut; heißt eingeteilt von A-E. Bei Zugumstellungen in der Eröffnung, muss der Benutzer das entsprechende Modul wechseln, z.B. von Modul C nach Modul D. Wie wurde dies nun in dem Glasgow-Umbau gelöst?

Ganz einfach - per Drehschalter, ähnlich einer HiFi-Anlage der damaligen Zeit. Je nach entstandener Eröffnung, zeigt der Elite im Display das Modul an, welches noch weitere Eröffnungszüge im Speicher hat - siehe Foto: GS:0A.

Eine weitere Besonderheit ist die Einstellung F. Während A-E die Enzyklopädie darstellt und ein breit gefächertes Eröffnungsrepertoire bietet (manches mal auch mit eher zweifelhaften Zügen), scheint dies eine Option mit schmalerem Buch zu sein; vielleicht eine Art Turnierbuch. Bei Tests zeigte sich, dass der Elite Glasgow in dieser Einstellung nur mit 1.e4 eröffnet und keine Querverweise zu den anderen Modulen herstellt.

Ein wirklich seltsamer Schachcomputer.

Partien aus dem U1950-Turnier:

Partie 1: Elite Glasgow 8MHz - Elite Glasgow 1:0
Partie 2: Mephisto Mega IV - Elite Glasgow 8MHz 1/2
Partie 3: Saitek Analyst D 6MHz - Elite Glasgow 8MHz 1:0
Partie 4: Elite Glasgow 8MHz - Novag Emerald 0:1
Partie 5: Sargon ARB 4.0 16MHz - Elite Glasgow 8MHz 1/2
Partie 6: Fidelity Elegance 8MHz - Elite Glasgow 8MHz 1:0
Partie 7: Elite Glasgow 8MHz - Mephisto Supermondial II 0:1
Partie 8: Sphinx Galaxy - Elite Glasgow 8MHz 1:0
Partie 9: Elite Glasgow 8MHz - Saitek Simultano 0:1
Partie 10: Elite Glasgow 8MHz - Conchess S5 Glasgow 1:0
Partie 11: Elite Glasgow 8MHz - Conchess Monarch T8 0:1
Partie 12: Fidelity Excel 68000 - Elite Glasgow 8MHz 1:0
Partie 13: Elite Glasgow 8MHz - Mephisto Roma II 1/2
Partie 14: Elite Glasgow 8MHz - Fidelity Mach IIb 1:0